Die Gesamtschule Globus am Dellplatz übernimmt die Patenschaft für einen Stolperstein in der Grünstraße

von Ingo Grau

An einem grauen Montagmorgen weht die melancholische Melodie von „Donna, Donna“ über die Grünstraße im Dellviertel. Gerd Debring, Musiklehrer an der Gesamtschule Globus am Dellplatz, eröffnet auf der Trompete mit dem bekannten jüdischen Lied die kleine Feier, die die Verlegung eines Stolpersteins zum Andenken an Alex Meyer begleitet.

Alex wer? Alex Meyer, vor dessen ehemaligem Wohnhaus in der Grünstr. 9 seit heute ein Stolperstein an sein Schicksal erinnert, ist kein „Promi“ unter den unzähligen Auschwitz-Opfern, sondern ein ganz „normaler“ Mann, Arbeiter, Ehemann, verheiratet mit einer Christin, Familienvater. Gerade dieses scheinbar alltägliche Leben eines Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, der in unmittelbarer Nachbarschaft zur Globus-Schule lebte, wollte eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus der bisherigen Anonymität herausholen.

Welche Schüler? Vor drei Jahren besuchte eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern unter der Leitung von Dr. Joanna Obrusnik-Jagla im Rahmen einer Kursfahrt die Gedenkstätte des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und brachte unvergessliche Eindrücke von dieser Reise mit, die unter anderem auch in der Foto-Ausstellung „Auschwitz hat mich verändert“ dokumentiert wurden.

In dieser Gruppe entstand auch die Idee, mittels eines Stolpersteins an einen Duisburger Bürger jüdischen Glaubens, der in Auschwitz ermordet wurde, zu erinnern. Unter fachlicher Anleitung von Dr. Pilger, dem Leiter des Duisburger Stadtarchivs, machten sich die Schülerinnen und Schüler ans Werk und recherchierten anhand von Originalakten und –dokumenten zum Teil noch völlig unbekannte Fakten zum Leben von Alex Meyer.

Ihre Ergebnisse trugen die Schüler in der kleinen Gedenkfeier am Montag selber vor: Sie hatten herausgefunden, dass Alex Meyer Güterbodenarbeiter von Beruf und mit der Christin Sibille Büschen verheiratet war, was seine Deportation und Ermordung zwar verzögerte, aber nicht aufhielt. Zum Verhängnis wurde ihm die Denunziation einer Besucherin, die er angeblich angespuckt haben soll. Anlass genug für die wohlorganisierte Nazi-Verfolgungsmaschinerie, ihn im Jahre 1943 nach Auschwitz zu deportieren und dort Anfang 1944 zu ermorden. In den Akten aus Auschwitz fanden die Schüler als offizielle Todesursache „Herzversagen“, eine oft genutzte Lüge, um die verbrecherische Wirklichkeit zu verschleiern.

Gerade die unentrinnbare Konsequenz der Verfolgung, die keinen vergaß, und ihre tödliche „Perfektion“ erschütterten die Schüler besonders und motivierten sie dazu, zusammen mit ihrer Lehrerin, Frau Obrusnik-Jagla, den Prozess der Stolpersteinverlegung in Gang zu setzen.

Stolperstein? In ganz Europa sind es inzwischen annähernd 75.000 dieser kleinen, messingfarbenen Metallplatten, die in den Gehweg eingelassen an das Schicksal verfolgter und ermordeter Juden am Ort ihrer früheren Wohnstätte erinnern. Erfinder und Organisator dieser einmaligen Aktion ist der Künstler Gunter Demnig, dem unser besonderer Dank gilt, weil er von eigener Hand auch den Stolperstein für Alex Meyer gestaltet und persönlich in der Grünstraße feierlich verlegt hat.

Feier? Volker Mosblech, CDU, Bürgermeister der Stadt Duisburg, eröffnete die Gedenkfeier mit einem herzlichen Dank an die Schülerinnen und Schüler für ihr Engagement in dieser Sache. Er drückte seine Freude darüber aus, dass gerade die junge Generation die Verantwortung für die Folgen der Geschichte übernehme und dafür sorge, dass die notwendige Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus auch in Zukunft nicht vergessen würde.

Die Schüler selber präsentierten nicht nur Ergebnisse ihrer eigenen Recherche, sondern setzten auch ein Zeichen für die Nachhaltigkeit des beabsichtigten Erinnerungsprozesses: Jedes Jahr am Tag der Ermordung von Alex Meyer, am 2.1., soll an seinem Gedenkstein eine kleine Feier seiner gedenken.

Fabian Theiss, stellvertretender Schulleiter der Gesamtschule Globus am Dellplatz, schließlich schlug die Brücke in die Gegenwart und Zukunft, und gab mit dem Hinweis, dass Bürgerrechtler auf Malta mit ihrer ständigen Erinnerung an die ermordete Journalistin Daphne Galizia die politische Gegenwart ihres Landes verändert haben, ein hoffnungsvolles Zeichen für die Wirksamkeit des Erinnerns.

Gerd Debring setzte mit seiner Schüler-Band mit den Klängen von „Hevenu shalom“ den Schlussakkord für eine kleine, aber würdevolle Feier zu Ehren von Alex Meyer.

Unser Dank gilt besonders:

  • der Stadt Duisburg, besonders den Wirtschaftsbetrieben, für die technische Durchführung
  • dem Jugendring als Mitorganisator, vertreten durch Yannick Form
  • Gerd Debring mit den Schülern Hakan Cekici, Ahmad Gharib, Xavier Anoh und Maher Alsayed, die für die musikalische Begleitung der Feier sorgten.

Vortragende Schülerinnen und Schüler (aus der Einführungsphase der Oberstufe) waren:

  • Hasan Abd-Alkareem
  • Omar Zaanani
  • Sinem Bebek
  • Joanna Gawor
  • Alaa-Eddin Ghazal
  • Hajar Ali
  • Natalia Mielnik